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Urteil im Verfahren wegen der Vergewaltigung und Tötung einer Joggerin in Endingen

Datum: 22.12.2017

Kurzbeschreibung: Der Angeklagte wurde unter Feststellung der besonderen Schwere der Schuld zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Darüber hinaus hat die Kammer den Vorbehalt der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung ausgesprochen.

Das Schwurgericht des Landgerichts Freiburg hat heute nach einer am 22. November 2017 begonnenen und insgesamt sieben Tage dauernden Hauptverhandlung einen 40 Jahre alten rumänischen Staatsangehörigen der besonders schweren Vergewaltigung und des Mordes für schuldig befunden (§§ 177, 211 StGB). Unter Feststellung der besonderen Schwere der Schuld (§ 57a StGB) wurde der Angeklagte zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Darüber hinaus hat die Kammer den Vorbehalt seiner Unterbringung in der Sicherungsver­wahrung ausgesprochen (§ 66a StGB).

 

Nach den Feststellungen der Kammer hat der Angeklagte am Nachmittag des 06. November 2016 in einem kleinen Waldgebiet am Kaiserstuhl - zwischen Endingen und Bahlingen in der Nähe des „Freiburger Wegs“ - eine 27 Jahre alte Joggerin überfallen. Dabei hat er der jun­gen Frau vermutlich mit einem Gegenstand auf den Kopf geschlagen, ihr den Mund zu­ge­halten und sie auch gewürgt. Sein danach bewusstloses Opfer schleppte er sodann in ein etwa 70 Meter entferntes, stark abschüssiges Waldstück, das aufgrund seiner Beschaffen­heit von den umliegenden Wegen nicht eingesehen werden kann. Dort - an einem Baumstamm - entkleidete er sein Opfer teilweise (am Unter­leib), entfernte ihre Slipeinlage und einen von ihr getragenen Tampon, um sie anschließend mit mehreren Fingern, der Faust oder einem Gegenstand sowohl vaginal als auch anal zu penetrieren. Beides führte zu keinen erhebli­chen Verletzungen. Während der vaginalen und analen Penetration lebte die junge Frau noch, sie war aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits be­wusstlos. Der Angeklagte versetzte seinem Opfer mit dem Gegenstand noch mindestens fünf weitere, hef­tig ge­führte Schläge auf den Kopf, welche zu einem Bruch der Schädelkapsel führten. Die junge Frau wurde von dem Angeklagten dann von dem Baumstamm weg einige Meter hangab­wärts gezogen. Sie verstarb an den Folgen eines offenen stumpfen Schädel-Hirn-Traumas nach den mehrfachen Schlägen gegen den Kopf bei gleichzeitiger Aspiration von Blut (das heißt: Verschlucken von Blut beim Einatmen) - nach Auffassung des sachverständig berate­nen Schwurgerichts allenfalls wenige Minuten nach der Beibringung der Schläge. Der Ange­klagte ließ die noch teilweise entkleidete Leiche der Frau im Wald liegen, wo diese erst vier Tage später - am 10. November 2016 - aufgefunden werden konnte.

 

Jeder einzelne Schlag auf den Kopf der Frau war für sich geeignet, den Tod des Opfers her­beizuführen, was der Angeklagte jedenfalls - bei jedem der geführten mindestens sechs hef­tigen Schläge - auch billigend in Kauf genommen hat.

Der Angeklagte hatte eingeräumt, für diese und auch für eine am 11. Januar 2014 in Kufstein begangene Tat, bei der eine damals 20 Jahre alte französische Staatsangehörige am Inn mit einer Eisenstange niedergeschlagen, sexuell missbraucht und getötet wurde, verantwortlich zu sein.

 

Ein heimtückisches Vorgehen oder etwa sonstige niedrige Beweggründe konnte das Schwurgericht nicht feststellen, es hielt jedoch zwei Sachverhaltsalternativen für nachge­wiesen: entweder hat der Angeklagte sein Opfer getötet, um eine andere Straftat zu ermögli­chen oder eine solche zu verdecken (die besonders schwere Vergewaltigung). Deswegen konnte bei dem Ange­klagten - zu seinen Gunsten - lediglich ein Mordmerkmal angenommen werden.

 

Die - auch insoweit sachverständig beratene - Kammer hat nach der Beweisaufnahme aus­schließen können, dass der Angeklagte bei der Tat in einem Maße alkoholisiert war, dass er hierdurch in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert gewesen sein konnte.

 

Schließlich hat die Kammer unter Berücksichtigung der Tat in Kufstein auch die besondere Schwere der Schuld bejaht und gemäß § 66a StGB die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung vorbehalten. Eine Entscheidung über die etwaige Unterbringung des Angeklagten in der nun vorbehaltenen Sicherungsverwahrung wird eine Strafvollstreckungskammer zu einem späteren Zeitpunkt treffen.

 

Die §§ 21, 49 Abs. 1, 57 Abs. 1 und 2, 57a, 66 Abs. 1, 66a, 177, 211 StGB lauten:

 

§ 21 StGB

Ist die  Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich ver­mindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

 

§ 49 StGB

 

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

 

1.    An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jah­ren.

(…).

 

§ 57 Aussetzung des Strafrestes bei zeitiger Freiheitsstrafe

 

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewäh­rung aus, wenn

 

1.    zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,

 

2.    dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und

 

3.    der Verurteilte einwilligt.

 

Bei der Entscheidung sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Ver­halten des Verurteilten im Vollzug, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berück­sichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

 

(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn

 

1.    der Verurteilte erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht über­steigt oder

2.    die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit des Verurteilten und seiner Entwick­lung während des Strafvollzugs ergibt, dass besondere Umstände vorliegen,

 

und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.

 

§ 57a  StGB

 

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

 

1.    fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,

 

2.    nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung 

      gebietet und

 

3.    die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 vorliegen.

 

(…)

 

§ 66 Unterbringung in der Sicherungsverwahrung

 

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

 

1.    jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straf­tat verurteilt wird, die

 

a) sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,

 

b) unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittel­gesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren be­droht ist oder

 

c) den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tat­bestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,

 

2.    der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,

 

3.    wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindes­tens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentzie­henden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und

 

4.    die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Han­ges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer see­lisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.

 

(…)

 

§ 66a Vorbehalt der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung

 

(1) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

 

1.

jemand wegen einer der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Straftaten verurteilt wird,

 

2.

die übrigen Voraussetzungen des § 66 Absatz 3 erfüllt sind, soweit dieser nicht auf § 66 Ab­satz 1 Satz 1 Nummer 4 verweist, und

 

3.

nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, aber wahrscheinlich ist, dass die Vorausset­zungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

 

(2) Einen Vorbehalt im Sinne von Absatz 1 kann das Gericht auch aussprechen, wenn

 

1.    jemand zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen eines oder mehre­rer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung, nach dem Achtundzwanzigsten Abschnitt oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, verurteilt wird,

 

2.    die Voraussetzungen des § 66 nicht erfüllt sind und

3.    mit hinreichender Sicherheit feststellbar oder zumindest wahrscheinlich ist, dass die Vo­raussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

 

(3) Über die nach Absatz 1 oder 2 vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung kann das Gericht im ersten Rechtszug nur bis zur vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden; dies gilt auch, wenn die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausge­setzt war und der Strafrest vollstreckt wird. Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergän­zend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschä­digt werden.

 

(…)

 

§ 177 Sexuelle Nötigung; Vergewaltigung (zur Tatzeit gültige Fassung)

 

(1) Wer eine andere Person

 

1.    mit Gewalt,

2.    durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder

3.    unter Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist,

 

nötigt, sexuelle Handlungen des Täters oder eines Dritten an sich zu dulden oder an dem Täter oder einem Dritten vorzunehmen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr be­straft.

 

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren. 2Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

 

1.    der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder an sich von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere, wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder

2.    die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

 

(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

 

1.    eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,

 

2.    sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Per­son durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder

 

3.    das Opfer durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

 

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

 

1.    bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder

2.    das Opfer

 

a)    bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder

b)    durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

 

(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 3 und 4 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

 

§ 211 StGB

 

(1)  Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

 

(2)  Mörder ist, wer

     aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus   

            niedrigen Beweggründen,

heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder

um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken

 

einen Menschen tötet.

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