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Urteil im Verfahren wegen der Tötung einer Mutter und ihres vierjährigen Sohnes in Teningen

Datum: 22.04.2018

Kurzbeschreibung: Angeklagter wegen der Vorwürfe des Mordes in Tateinheit mit versuchter Entziehung Minderjähriger und Totschlages für schuldig befunden und zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe unter Feststellung der besonderen Schwere der Schuld verurteilt.

Das Schwurgericht des Landgerichts Freiburg hat heute einen 53 Jahre alten deutschen Staatsangehörigen algerischer Abstammung, der sich wegen der Vorwürfe dieses Verfahrens seit dem 28. Juli 2017 in Untersuchungshaft befindet, des Mordes in Tateinheit mit versuchter Entziehung Minderjähriger und Totschlag für schuldig befunden und ihn deswegen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe unter Feststellung der besonderen Schwere der Schuld ver­urteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Aktenzeichen: 1 Ks 300 Js 23931/17 AK 1/18).

 

Das Gericht kam aufgrund der am 04. April 2018 begonnenen und insgesamt fünf Tage dau­ernden Hauptverhandlung zu folgenden Feststellungen:

 

Der Angeklagte hat den neuen Wohnort seiner getrennt von ihm lebenden langjährigen Le­bensgefährtin und des vier Jahre alten gemeinsamen Sohnes ausfindig gemacht, indem er der Frau unbemerkt von ihrer Arbeitsstelle nach Hause nachgefahren war. Er hatte sich mit der Trennung nie abgefunden und sich vor der Tat ein Fahrzeug eines Carsharing-Unternehmens ausgelie­hen, mit dem er am Morgen des 28. Juli 2017 (gegen 08:10 Uhr) vor das Fahrzeug der 39 Jahre alten ehemaligen Partnerin fuhr, um ihr den Weg zu verstellen, wobei es zum Zusam­menstoß der Fahrzeuge kam. Nicht ausgeschlossen werden konnte, dass die Kollision der Fahrzeuge unbeabsichtigt war. Der Angeklagte führte zwei Küchenmesser mit sich – eines mit einer Klingenlänge von etwa 20 Zentimetern, eines mit einer etwas geringeren Klingen­länge. Er war dabei fest entschlossen, seinen Sohn – notfalls mit Gewalt – aus dem Auto zu holen und nach Algerien zu verbringen. Zu einer Tötung von Mutter und Kind war er zu diesem Zeit­punkt nach Auffassung der Kammer noch nicht entschlossen.

 

Sein Versuch, ins Fahrzeug zu gelangen, misslang aufgrund der betätigten Zentralverriege­lung. Hierauf versuchte er vergeblich mit der Faust die Heckscheibe dieser Seite einzuschla­gen und begab sich nach dem Scheitern dieses Vorhabens auf die Beifahrerseite, schlug dort mit dem Schaft des Messer die vordere Seitenscheibe ein. Entweder stach er -  nun mit Tö­tungsabsicht - bereits durch das eingeschlagene Fenster auf die 39-jährige ein oder er begab sich zunächst durch das Fenster in den Innenraum des Autos und stach dann mehrfach auf die Frau ein. Nachdem ein herbeigeeilter Passant die hintere Scheibe auf der Fahrerseite ein­geschlagen hatte, um zusammen mit seiner Freundin das Kind zu retten, stach der Ange­klagte auch auf seinen Sohn ein, der im Fahrzeugfond auf einem Kindersitz angeschnallt saß. An­schließend kletterte der Angeklagte über die von dem Passanten eingeschlagene Scheibe aus dem Auto und flüchtete schließlich mit sei­nem Fahrzeug. Aufgrund einer sofort eingeleiteten Fahndung konnte der Angeklagte bereits um 08:27 Uhr auf der Fahrt von der Autobahnaus­fahrt Freiburg-Nord und der B 3 von der Polizei fest­gestellt und verfolgt werden. Nach einer Verfolgungsfahrt hielt der Angeklagte sein Fahrzeug schließ­lich gegen 08:50 Uhr an und ließ sich widerstandslos festnehmen.

 

Seinem Sohn hatte der Angeklagte in Tötungsabsicht zweimal in den Brustkorb gestochen, wobei durch den ers­ten Stich die Hauptschlagader sowie der rechte Lungenlappen verletzt wurden. Einen zweiten Stich versetzte er dem vier Jahre alten Jungen auf Höhe des Brustbeins und des rechten Herzabschnitts. Bei der Mutter des Kindes wurden die rechte Lunge, das Herz, die Leber, der Magen, die linke Halsseite und auch der Unterschenkel verletzt. Mutter und Sohn starben noch am Tatort.

 

Das Schwurgericht hat das Mordmerkmal der Ermöglichung einer anderen Straftat – nämlich der Entführung seines Sohnes - als erfüllt angesehen. Mordmerkmale bei der Tötung des Kin­des waren nicht mit ausreichender Sicherheit festzustellen. Die besondere Schwere der Schuld wurde unter Berücksichtigung der Gesamtumstände – so unter anderem die Tötung von zwei Menschen, da­bei insbesondere eines besonders hilflosen und schutzbedürftigen Kin­des, für dessen Wohlergehen der Angeklagte auch verantwortlich war - festgestellt.

 

Die sachverständig beratene Große Strafkammer hat keine Beeinträchtigung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit feststellen können. Der Angeklagte stand weder unter Alkohol noch unter Drogen. Die durch einen psychiatrischen Sachverständigen diagnostizierte narzisstische Persönlichkeitsstörung führte nach Auffassung der Kammer zu keiner Verminderung oder gar Aufhebung der Schuldfähigkeit.

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